2.1.3 Vorranggebiete, Gesamtdarstellung der Biotopverbundkonzeption

Die Vorgaben zur Ausweisung von Vorrangflächen basieren auf § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes: "Wildlebenden Tieren und Pflanzen ist ausreichender Lebensraum zu sichern. Auf einem Zehntel der Landesfläche sowie auf einem Fünftel der Fläche stehender Gewässer hat die Entwicklung naturnaher Lebensräume deshalb Vorrang".

Damit sind zunächst die rechtsverbindlich gesicherten Schutzgebiete gem. viertem Abschnitt des HENatG, sofern sie in den Schutzzweckformulierungen den Arten- und Biotopschutz bzw. den Biotopverbund enthalten, sowie die im § 23 HENatG aufgeführten Lebensräume und Landschaftsbestandteile gemeint. Daneben sind auch freiwillige Vereinbarungen wie bspw. der Vertragsnaturschutz möglich, die jedoch stets unter dem Finanzierungsvorbehalt stehen (BATTEFELD et al. 1998).
Die Gemeinden können Flächen für einen Biotopverbund auch ohne förmliche Unterschutzstellung von Gebieten für die Entwicklung naturnaher Lebensräume zur Verfügung stellen (FRANZ 1997), dies wird besonders auf der Ebene der kommunalen Landschaftsplanung relevant (s.u.). Für die Entwicklung eines Biotopverbundes in der Feldflur ist bspw. bei der Anlage von Hecken und Feldgehölzen eine Schutzgebietsausweisung i.d.R. nicht erforderlich.

"Die für den Naturschutz bedeutenden Grundflächen (Vorrangflächen, A. d. Verf.) werden so vernetzt, daß wildlebende Tiere und Pflanzen die für die Erhaltung ihrer Art notwendigen Ausbreitungs- und Lebensbedingungen vorfinden" (§ 1 Abs. 2 Nr. 3. HENatG). "Dieses Ziel folgt der Erkenntnis, daß die isolierte Betrachtungsweise bestimmter Vorrangflächen nicht ausreicht, um die natürliche Vielfalt der Tiere und Pflanzen zu sichern." (BATTEFELD et al. 1998).
Auf der Ebene des Landschaftsrahmenplans wurden zur Vermeidung bzw. Verminderung solcher Isolationswirkungen die zuvor auf Biotoptypen bezogenen Biotopverbundkonzeptionen erstellt (vgl. Kap. 2.1.2.2 - 2.1.2.4, Teil 2).

Die Gesamtdarstellung der Biotopverbundkonzeption auf der Ebene des Landschaftsrahmenplans erfolgt mit der Planungskategorie "Flächen für den Biotopverbund und die Biotopentwicklung" (Planungskategorie Nr. 2). Sie wird ergänzt durch die Pflegeflächen der Regionalen Landschaftspflegekonzept (Planungskategorie Nr. 4, vgl. Kap. 2.1.2.5, Teil 2).
Dabei werden in einem großräumigen zusammenhängenden System Kernräume mit Verbundräumen vernetzt (Achsensystem). Darunter gefaßt sind Bereiche mit natürlicher Eigenentwicklung als auch nach Naturschutzzielen zu bewirtschaftende oder zu pflegende Flächen.
Soweit möglich werden diese Räume flächenbezogen konkretisiert, dies bedeutet jedoch auf der Ebene des LRP keine Parzellenschärfe. Die Darstellung der Gesamtkonzeption erfolgt in der Entwicklungskarte auf der Maßstabsebene 1: 100 000.

Ziel ist es, ein System zu schaffen daß:

  • Raum für dynamische, natürliche Entwicklung bietet
  • Isolations- und Trennwirkungen zwischen naturnahen Lebensräumen aufhebt oder mindert
  • Schutz und Entwicklung des naturraumtypischen Biotop- und Arteninventars gewährleistet
  • den genetischen Austausch und die natürliche Ausbreitung von Arten sichert
  • nachteilige Randeinwirkungen auf naturnahe Lebensräume abmindert
  • Leittierarten und deren Mindestareale berücksichtigt, sowie
  • Maßnahmenschwerpunkte kennzeichnet.

Die Biotopverbundkonzeption besteht aus zwei Flächentypen, den Kernflächen und den Verbundräumen.

Die Kernflächen beinhalten die bestehenden und geplanten Naturschutzgebiete, die Auen-LSG und sog. Kombi-Gebiete, bestehend aus NSG und LSG, die Kernzonen des Biosphärenreservates Rhön, die Meldungen von FFH-Gebieten (vgl. Kap. 7.1.1.1, Teil 1) sowie die für den Biotopverbund bedeutsamen extensiv genutzten Grünländer und Fließgewässer.

Die Verbundräume bestehen aus bestehenden und geplanten Landschaftsschutzgebieten mit gezielter Schutzzweckbestimmung in Bezug auf Arten- und Biotopschutz, den Pflege- und Entwicklungszonen des Biosphärenreservates Rhön, ausgewählten Flächen der Regionalen Landschaftspflegekonzeptionen (vgl. Kap. 2.1.2.5, Teil 2) sowie den Räumen des Biotopverbundes, die auf der Ebene des LRP als Verbindungsachsen zwischen den Kernflächen (s.o.) fungieren sollen.

Vor allem in strukturarmen Agrarlandschaften ist die Entwicklung von Biotopverbundsystemen erforderlich. Hierzu sind auch bisher nicht schutzwürdige, aber entwicklungsfähige Flächen, in Abstimmung mit dem Grundstückseigentümer und der Agrarverwaltung, mit einzubeziehen.
Die weitere Konkretisierung der Biotopverbundkonzeption erfolgt über die Erstellung der kommunalen Landschaftspläne und die Umsetzung von Einzelprojekten. Hierzu können beispielsweise als Umsetzungsinstrumente gezielt eingesetzt werden :

  • Vertragsnaturschutz, Fördermittel (vgl. Umsetzung der HELP-Mittel über die regionalen Landschaftspflegekonzepte)
  • Flächenmanagement im Zuge der Eingriffsregelung
  • Ausweisung von weiteren Schutzgebieten
  • Flurneuordnung
  • ordnungsgemäße Bewirtschaftung von Flächen im Sinne des Naturschutzrechts (vgl. § 2a Abs. 2 HENatG).

Im Zuge von Fördermaßnahmen, der Bewältigung der Eingriffsregelung im Rahmen von Planungsverfahren und freiwilligen Nutzungsvereinbarungen sollen diese Flächen gesichert und entwickelt werden. Vorgesehene Mittel und Maßnahmen des Naturschutzes werden auf diese Räume konzentriert und die Vergabe koordiniert. Gegebenenfalls bietet sich die Koordinierung mit benachbarten Fachverwaltungen bei der Vergabe von Fördermitteln an.
Vor allem in die Schwerpunkträume Fließgewässer sollten - langfristig - gesehen im Regierungsbezirk Kassel verstärkt Renaturierungsmaßnahmen für die Beseitigung von Hindernissen zur Erreichung der biologischen Durchgängigkeit und andere Maßnahmen gelenkt werden, um jeweils ein möglichst großes Einzugsgebiet mit naturnahen Gewässern zu erhalten.

Weitere für den Naturschutz bedeutsame Flächen wie die Avifaunistischen Schwerpunkträume (vgl. Kap. 7.1.1.2, Teil 1, 2.1.1.2, Teil 2) und die für den Arten- und Biotopschutz bedeutsamen Waldflächen (vgl. Kap. 2.1.1.4, Teil 2) sollten bei nachfolgenden Biotopverbundkonzeptionen mit einbezogen werden (vgl. Kap. 6, Teil 2). Der Landschaftsplan konkretisiert auf kommunaler Ebene die Darstellungen des Landschaftsrahmenplans inhaltlich und räumlich. Dabei trifft die Gemeinde als Planungsträger die aufgrund der Beteiligungen von Behörden, Naturschutzverbänden und der Bürgerschaft erforderlichen gestaltenden Planentscheidungen in eigener Zuständigkeit (Grundsatz-Erlaß GENat-Nr. 3/96 – Hinweise zur Aufstellung des Landschaftsplans vom 05.07.1996).

 

         
eine Seite zurück  Seitenanfang  nächste Seite

   Startseite