2.1.1.3 Spezieller Artenschutz

Fledermäuse: Hinsichtlich der Quartierwahl haben sich die Fledermäuse wie kaum eine andere Tiergruppe an menschliche Bauwerke angepaßt. Sie sind daher besonders durch Verlust der Quartiere, z.B. Abriß alter Häuser, Umbau und Renovierungsmaßnahmen oder durch Störungen bedroht. Darüber hinaus wirken sich "Unfälle" (z.B. Zerstörung einer Kolonie bei Umbauarbeiten, das Fällen eines Wohnbaumes im Winter, Rauchvergiftung durch Brand) und Störungen und Verluste der Winterquartiere negativ auf die Fledermauspopulationen aus. Da die wichtigsten Schutzmaßnahmen relativ einfach durchgeführt werden können, ist ein Schutz der Arten bei Beachtung entsprechender Regeln, Sicherung der Sommer- und der Winterquartiere und durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit einfach durchzuführen. Auch das Anbringen von Fledermauskästen ist teilweise sinnvoll (Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen 1994).

Fischotter: Erst kürzlich konnte der Fischotter für Hessen im Bereich des Regierungsbezirks Kassel mit Sicherheit wieder nachgewiesen werden, unbestätigte Meldungen lagen bereits seit längerem vor (Tamm, Roller 1997a, Wilke mündliche Mitteilung). Bei Eingriffen in die Landschaft ist dieser Nachweis vor allem für den Schwalm-Eder-Kreis, aber auch für die benachbarten Landkreise, zu beachten.

Biber: Da inzwischen ein Verdacht besteht, daß der Biber den Regierungsbezirk Kassel vom Spessart aus besiedelt hat bzw. die Wahrscheinlichkeit besteht, daß er Nordhessen demnächst besiedeln wird, müssen Schutzmaßnahmen jetzt begonnen werden. Neben der Öffentlichkeitsarbeit ist die Renaturierung von Fließ- und Stillgewässern und Bereitstellung von potentiellen Wohngebieten mit entsprechender Nahrungsversorgung entlang der potentiellen Einwanderungsstrecke eine der vordringlichsten Aufgaben der nächsten Jahre (Roller 1997b).

Wildkatze: Die Verbreitung dieser heimlich lebenden Tierart scheint in Hessen nur ungenügend bekannt zu sein, zumal sie leicht mit Hauskatzen verwechselt werden kann. Direkte Schutzmaßnahmen sind z.Z. nicht zwingend erforderlich, darüber hinaus wird diese Art von der naturgemäßen Waldwirtschaft profitieren. Doch sollte die Jagd auf  wildfarbene Katzen grundsätzlich unterbleiben.

Birkhuhn:  Obwohl bei dieser Art seit langem die Rückgangsursachen bekannt sind und ein Artenschutzkonzept vorliegt (Müller 1995), konnte der Rückgang nicht gestoppt werden. Neben einer Vergrößerung des Lebensraumes und der Vernetzung der Biotope in Hessen mit den Vorkommen in Bayern und Thüringen stellt sich die Beruhigung der letzten Einstände der Birkhühner in Hessen als die wichtigste Artenhilfsmaßnahme der nächsten Jahre dar.

Flußregenpfeifer: Der Flußregenpfeifer besitzt in Nordhessen im Bereich der Eder die letzten mehr oder weniger regelmäßigen Vorkommen in Primärhabitaten auf Kiesbänken. Diese Vorkommen sind zu sichern und zu erhalten, insbesondere sind Beeinträchtigungen (Störungen) durch Wassersportler und Angelsportler zu vermeiden bzw. zu verhindern. Er kommt auch in den Abbaugebieten Nordhessens, z.B.  im Raum Wabern-Borken, vor. Dort sollten über Gespräche und Vereinbarungen mit den entsprechenden Betreibern die Bedingungen für diese Art verbessert werden.

Flußuferläufer: Die Vorkommen in Primärbiotopen, d. h. locker bewachsene Kies- und Sandbänke mit festem sandigem Untergrund an Eder, Fulda und Ulster, sind zu sichern und zu erhalten.

Haselhuhn: Die sicheren Vorkommen dieser Art im Bereich des südlichen Landkreises Waldeck-Frankenberg stellen die nördlichen Ausläufer des hessischen Hauptvorkommens (Lahn-Dill-Bergland) dar. Die Waldbaumaßnahmen in diesem Bereich sind auf die Bedürfnisse dieser Art (Unterholz- und strukturreiche Wälder mit reicher, aber nicht zu dichter Kraut-, Hochstauden- und Zwergstrauchschicht) abzustimmen. Die genaue Verbreitung im Regierungspräsidium scheint noch nicht exakt bekannt zu sein.

Knäkente/Löffelente: Beide Entenarten benötigen deckungsreiche, z.T. flache Stillgewässer. Derartige Biotope sind in ausreichendem Maße zu sichern bzw. zu entwickeln. Brutzeitbeobachtungen in einigen Bereichen Nordhessens weisen auf eine potentielle Besiedlung hin.

Neuntöter: Diese Art der heckenreichen Kulturlandschaft ist im Regierungsbezirk Kassel noch verbreitet und stellenweise häufig. Dennoch existieren große Verbreitungslücken, die auf das Nichtvorhandensein von Heckenstrukturen zurückzuführen sind. In den Defiziträumen sind Hecken bzw. heckenähnliche Strukturen zu entwickeln.

Schleiereule: Diese ehemals sehr häufige Art der Dörfer und Städte ist durch Verlust von Brut- und Überwinterungsmöglichkeiten in Häusern, Scheunen, Kirchen u.ä. bedroht. Durch Artenhilfsmaßnahmen wie z.B. Öffnen von Scheunen, Anbringen von Brutkästen in Scheunen und Ställen u.ä. kann diese Art gefördert werden.

Schwarzspecht: Durch Erhöhung des Alt- und Totholzanteils im Wald ist eine Bestandsförderung dieser klassischen Zielart mit "Schalterfunktion" zu erreichen. Aufgrund der anschließenden Erhöhung des Höhlenanteils werden weitere Arten, z.B. Fledermäuse, Hohltaube, gefördert. Darüber hinaus profitiert die Gilde der Totholzbesiedler ebenfalls von einer Erhöhung des Totholzanteils im Wald.

Schwarzstorch: Zum Schutz und zur weiteren Verbesserung der Lebensgrundlagen dieser Art sind vor allem Sicherung und Beruhigung der Nistplätze und Biotopverbesserungsmaßnahmen durchzuführen.

Uferschwalbe: Diese Art baut ihre Brutröhren primär in Steilwände von Ufern. Potentielle Nistplätze an Fließgewässern sind zu erhalten und im Uferbereich wiederherzustellen (Stübing et al. 1995). Als Sekundärlebensräume kommen auch Abbaugebiete u.ä. in Frage. In Absprache mit den Betreibern der Abbaubetriebe sollten die betrieblichen Prozesse den Bedürfnissen der Uferschwalben und weiterer Arten angepaßt werden.

Wanderfalke
Das Projekt zur Wiederansiedlung des Wanderfalken in Hessen kann hier exemplarisch und als besonders erfolgreich herausgestellt werden.
In einem über 15 Jahre dauernden, von der ONB genehmigten und von der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland - Pfalz und Saarland wissenschaftlich begleiteten Auswilderungsprozeß, wurde der in Hessen Mitte der 79-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts fast ausgestorbene Wanderfalke wieder angesiedelt. Zu diesem Zeitpunkt war der Vogel bereits in Ost-, Nord-, und Westdeutschland, d. h. ungefähr insgesamt nördlich der Mainlinie, ausgestorben. Wesentlicher Ursachenfaktor war das zur damaligen Zeit noch in der Land- und Forstwirtschaft ausgebrachte DDT. 1950, vor dem durch das chemische Umweltgift verursachten Niedergang, brüteten ca. 30 Paare Wanderfalken in Hessen (GEBHARDT, SUNKEL). 1975 war gerade noch ein, bereits seit Jahren bruterfolgsloses, Wanderfalkenpaar in Hessen anwesend. 1995, nach bereits erfolgtem Abschluß des Auswilderungsprojektes, waren es wieder 19 Wanderfalkenansiedlungen in Hessen und auch im Osten, z.B. in Thüringen und Sachsen-Anhalt, im Norden, z.B. in Niedersachen und im Westen, z.B. in Nordrhein-Westfalen, besetzten Wanderfalken - aus dem hessischen Projekt - alte Terretorien und brüteten erfolgreich. Eine insgesamt neue mitteldeutsche Wanderfalkenpopulation hatte sich gegründet (BRAUNEIS, 1996). 1999 hatte Hessen wieder 35 Revierpaare, die 55 Jungvögel zum Ausfliegen brachten (BRAUNEIS, 1999).
Die in den Jahren 1978 und 1992 ausgewilderten Wanderfalken waren insgesamt Nachzuchten aus den Volieren des Deutschen Falkenordens (DFO). Die Jungvögel waren Nachkommen von mitteleuropäischen Wanderfalken der Nominatformen Falco peregrinus peregrinus, wurden vom DFO unentgeltlich zur Verfügung gestellt und sind somit nicht in einem einzigen Falle irgendeiner Freilandpopulation, d.h. der Wildbahn, entnommen worden.

Kreuzotter: Zum Schutz dieser gefährdeten Art ist der Erhalt von grenzlinienreichen Wäldern mit naturnah gestalteten Rändern, von Totholz und von Feuchtgebieten erforderlich. Darüber hinaus sind Überwinterungsplätze bzw. -möglichkeiten zu sichern bzw. zu erhalten (Nicolay 1997a, 1997b).

Gelbbauchunke: Die Populationen dieser Art im Regierungsbezirk Kassel leben am Rand ihres Areals. Sie kommen daher nur lokal und isoliert vor. Alle Vorkommen dieser Art in diesem Raum, auch in Sekundärlebensräumen, sind daher zu sichern und entsprechend den Bedürfnissen dieser Art zu pflegen.

Kammolch: Diese Artbevorzugt relativ tiefe Gewässer mit üppiger submerser Vegetation. Besonders erwähnenswert sind die beiden größten bekannten hessischen Vorkommen bei Reichensachsen und Fürstenhagen.

Kreuzkröte: Primärer Lebensraum der Kreuzkröte sind die vegetationsfreien bzw. -armen Uferzonen mit temporären Tümpeln. Da die Primärlebensräume sehr selten sind, müssen alle Vorkommen, auch die in Sekundärlebensräumen, gesichert und entwickelt werden.

Laubfrosch: Nach einer Kartierung der Bestände im Bereich der Eder und der Schwalm wurden dort bundesweit bedeutsame Vorkommen festgestellt. Entsprechend den Bedürfnissen dieser Art sind die bestehenden Populationen zu erhalten, die Vorkommen zu vernetzen und weitere potentielle Lebensräume zu pflegen und zu entwickeln (Geske 1997).

Mühlkoppe: Diese im Regierungspräsidium in entsprechenden naturnahen Mittelgebirgsbächen noch relativ häufig vorkommende Fischart ist die Ziel- und Leitart dieses Fischgewässertypus. Die Erhaltung und Entwicklung der naturnahen Bäche anhand der Bedürfnisse der Mühlkoppe fördert auch alle anderen Arten dieses Lebensraumtypus.

Gestreifte Quelljungfer: Diese Art lebt meist in kleinen Quellrinnsalen und ist häufig übersehen worden, aber aufgrund der meist geringen Populationsgrößen und der häufig schlechten Qualität der Quellen (Fassungen, Aufforstungen, Viehtritt, Verschlechterung der Wasserqualität[3] u.a.) sind Schutzmaßnahmen hier angebracht. Diese sind dann auch für andere Quellbewohner von Bedeutung. Die Gebiete, in denen diese Art noch vorkommt, sind vor Veränderungen zu schützen und beeinträchtigte oder zerstörte Quellen sind zu renaturieren.

Große Moosjungfer: Diese sich vor allem in Zwischenmoortümpeln entwickelnde Art kann  durch gezielte Pflegemaßnahmen gefördert werden.

Rhön-Quellschnecke: Hier handelt es sich um den einzigen Endemiten, den es im Bereich des Regierungsbezirks Kassel gibt, daher ist dieser Art größte Aufmerksamkeit zu widmen. Es müssen unbedingt Erfassungsprogramme und Schutzprojekte initiiert werden.

Flußmuscheln (Najaden)[4]: Nordhessen besitzt mit der Schwalm das wichtigste Muschelgewässer Hessens (Dr. Nagel mündliche Mitteilung). Von den sieben potentiell vorkommenden Najaden kommen sechs in der Schwalm vor, und zwar noch in relativ guten Beständen[5]. Daneben existieren noch bedeutsame Vorkommen im Bereich der Eder. Somit hat der Regierungsbezirk Kassel eine besondere Verantwortung für diese Tiergruppe. Folgende Schutzmaßnahmen müssen durchgeführt werden: Verbesserung der Wasserqualität (z.B. Kläranlagenbau und Verbesserung der Klärleistung), Einrichtung von Uferrandstreifen (mind. 10 m), Durchsetzung des Düngungsverbots, Erhaltung bzw. Verbesserung der Strukturvielfalt, Verbesserung und Anpassung der Hegepläne, gezielte Entfernung von faunenfremden Fischarten, Durchgängigkeit prüfen und ggf. ausbessern und Beseitigung oder Umbau  von Wehren und ähnlichen Strukturen (Fröhlich & Nagel 1997). Eine Bestandsstützung der Populationen im Bereich der Eder durch ausgesetzte, infizierte Fische kann sinnvoll sein und ist zu prüfen.

Steifer Lauch: Die einzigen Vorkommen dieser Art in Hessen liegen in zwei Naturschutzgebieten in Waldeck-Frankenberg, so daß hier dem Regierungsbezirk eine besondere Rolle zufällt. Nach "Rote Liste der Farn- und Samenpflanzen Hessens" (1997) ist die Population des einen  NSG stark rückläufig, während das Vorkommen in dem anderen NSG derzeit ungefährdet erscheint. Schutzmaßnahmen für das erstere Vorkommen  sind dringend erforderlich.

Sumpf-Fetthenne: Diese ehemals in Deutschland verbreitete Art ist inzwischen auf wenige Fundpunkte reduziert. Bedeutende Vorkommen sind aus der Rhön belegt, dort kommt sie an Quellen in großflächigen Weiden vor (Barth et al. 1996). Sie ist auf das kontinuierliche Entstehen von vegetationslosen Stellen angewiesen und verschwindet bei Aufgabe der Weidenutzung innerhalb weniger Jahre. Zum Schutz ist eine extensive Beweidung dieser entsprechenden Flächen in der Hochrhön sicherzustellen.

Totholzfauna: Wie oben bereits erwähnt hat der Regierungsbezirk Kassel für diese Tiergruppe eine bundesweite Bedeutung und Verantwortung. Aufgrund der starken Gefährdung der meisten Arten dieser Gilde sind dringend Untersuchungen, insbesondere zur Verbreitung, und Schutzmaßnahmen durchzuführen. Durch eine Erhöhung des Alt-, Mulm-  und Totholzanteils im Wald kann diese Gilde gefördert werden.

Röhrichtarten (Rohrweihe, Sumpfrohrsänger, Teichrohrsänger, Wasserralle): Röhrichte stehen durch den § 23 HENatG bereits unter einem besonderen Schutz. Der Regierungsbezirk Kassel hat im Vergleich zu Mittel- und Südhessen relativ wenig gut ausgebildete und großflächige Röhrichtbestände. Viele Röhrichte sind in einem schlechten Zustand. Um Beeinträchtigungen (Störungen, etc.) zu verhindern, sollten größere Bestände als NSG geschützt werden. Bei einer Priorisierung müssen die Vorkommen der Ziel- und Leitarten besondere Berücksichtigung finden.

Wiesenvögel (Kiebitz, Wachtelkönig, Weißstorch u.a.): Die Bestände der Wiesenvögel sind seit einiger Zeit einem dramatischen Rückgang unterzogen. Als Ursachen für diesen Rückgang sind vor allem Entwässerung, Grundwasserabsenkungen, Gewässerausbau, Nutzungsänderung bzw. -intensivierung, Zerstörung der Lebensräume durch Siedlungen, Verkehr, Freileitung u.ä., Verbrachung, Aufforstung, Freizeitaktivitäten usw. zu nennen (Eichelmann & Pfuhl 1996). Da im Regierungsbezirk Kassel nur noch wenig bedeutsame Wiesenvogel-Gebiete existieren, sind hier dringend Schutzmaßnahmen durchzuführen, zumal auch dort die Bestände weiter zurückgehen und die Populationen, z.B. beim Kiebitz, z.T. überaltert sind und kaum Reproduktionserfolg aufweisen. Insbesondere im Gebiet der Schwalm[6], der unteren Eder, der mittleren Fulda und im Werra-Tal sind Schwerpunkte der Artenschutzprojekte zu legen (Stübing 1996).

Offenlandarten (Feldhase, Rebhuhn, Wachtel, Raubwürger u.a.): Allgemein bekannt ist der starke Rückgang dieser Gilde. Gefährdet ist sie vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft und der Nivellierung der Bedingungen im Offenland. Auch hier sind dringend Maßnahmen erforderlich. Erwähnt sei an dieser Stelle die Wiederherstellung von Wegrändern, Einrichtung von Brachestreifen, später Umbruch von Stoppeläckern (am günstigsten nach dem Winter), Errichtung von Hecken und Feldholzinseln usw. Besonders erwähnenswert sei hier ein bedeutendes Vorkommen mehrerer Brutpaare des Raubwürgers im Bereich des Lichtenauer Hochlandes.

Neozoen und Neophyten[7]

Als Neobionten werden Pflanzen- oder Tierarten bezeichnet, die seit dem Mittelalter (ca. 1500) absichtlich oder unabsichtlich bei uns angesiedelt oder ausgesetzt worden sind und sich in der Natur über längere Zeiträume etablieren konnten. Während bei den Pflanzen der Auswilderungsweg hauptsächlich von botanischen Gärten über die Hausgärten in die "freie" Natur führt, handelt es sich bei den meisten Tierarten um Gefangenschaftsflüchtlinge oder um ausgesetzte Arten. Eine Besonderheit stellen die Arten dar, die absichtlich als "Nutzpflanzen"[8] angepflanzt bzw. als "Nutztiere"[9] ausgesetzt worden sind und sich etablieren konnten.

Während manche Taxa sich in die natürlichen Ökosysteme einpassen, sind andere Arten zu "Problemfällen" geworden (z.B. Waschbär, Indisches Springkraut, Herkulesstaude), da sie natürliche Ökosysteme nachhaltig beeinträchtigen bzw. stören. Sie verfügen oft über keine natürlichen Feinde, über eine starke Ausbreitungsfähigkeit und über eine schnelle Hochwüchsigkeit (nur Pflanzen), daher sind sie der heimischen Fauna und Flora i.d.R. überlegen. Darüber hinaus wird durch die Verdrängung heimischer Pflanzenarten auch die spezifisch angepaßte Fauna verdrängt.

Beispiele für Neobionten

Tiere:

Bisam

Mandarinente

Amerikanischer Krebs

Nerz

Graskarpfen

Wollhandkrabben

Nutria

Regenbogenforelle

Wandermuschel

Waschbär

Sonnenbarsch

 

Fasan

Amerik. Schmuckschildkröte   

 

Pflanzen:

Douglasie

Japanischer Knöterich

Springkraut

Goldrute

Robinie

Topinambur

Herkulesstaude

Roteiche

Wasserpest


Allgemein ist festzustellen, daß sich die meisten Neophyten auf Ruderalflächen oder an Gewässerufern ansiedeln.

Die Frage der Bekämpfung bzw. Begrenzung von Neobionten wird z.Z. sehr kontrovers diskutiert. Eine gezielte Bekämpfung sollte allerdings nur erfolgen, wenn

  • schützenswerte Biotope und Arten direkt von Neobionten bedroht sind
  • bestimmte Biotope und Landschaften in ihrer ursprünglichen Ausprägung erhalten werden sollen
  • eine allgemeine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann (z.B. Ufersicherheit).

Grundsätzlich gilt, daß die Ausbreitung von Neobionten beobachtet und ausreichend dokumentiert werden muß !
Auf zwei besondere Beispiele soll an dieser Stelle noch hingewiesen werden:

  1. Bestimmte Lindenarten können u.U. für heimische Blütenbesucher schädlich sein (s. z.B. Baal, T. et al. 1994, Dathe & Oehlke 1993).
  2. Die oft angepflanzten Pappeln stellen zwar für viele Schmetterlingsarten eine wichtige Ersatznahrungsquelle für heimische Pappeln dar, sind aber ansonsten für große Teile der übrigen Fauna, z.B. Zikaden, nicht nutzbar (s. z.B. Fröhlich 1990).

Laufende und abgeschlossene Kartierungen und Erhebungen

Im Rahmen der unterschiedlichsten Programme der Behörden und Verbände sind eine Anzahl an Kartierungen angefertigt worden. Im Folgenden werden diese kurz dargestellt.

Säugetiere: Im Rahmen der Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen werden die von den einzelnen Mitarbeitern erhobenen Daten zentral erfaßt. Es gibt zwar noch Erfassungslücken, doch wird verstärkt versucht, diese zu schließen. Ein erster Überblick über die Verbreitung der Fledermäuse in Hessen ergibt sich aus Arbeitsgemeinschaft für Fledermausschutz in Hessen (1994).

Des weiteren werden im wesentlichen einzelne Arten erfaßt, z.B. Biber, Fischotter, sowie jagbares Wild über Jagdstrecken und Zählungen (z.B. Fuchs, Rehwild, Rotwild, Schwarzwild). Die wenig beachteten Gruppen der Kleinsäuger und Marderartigen wurden dagegen bisher noch nicht erfaßt. Hier wären Erfassungen dringend erforderlich.

Vögel: Traditionell gehören die Vögel zu den Tiergruppen, die am besten untersucht worden sind. Der Überblick über die wichtigsten Arten und Gruppen ist gut, wobei auch hier einige unterrepräsentiert sind (z.B. viele Kleinvögel, insbesondere die "häufigeren" Arten, Arten der Wälder). Darüber hinaus hat es in der Vergangenheit immer wieder Erfassungen einzelner Arten bzw. Gruppen gegeben, z.B. Flußregenpfeifer, Nachtigall, Rotmilan, Rebhuhn und Wiesenvögel. Zentral zusammengeführt werden die Kenntnisse über Weißstorch, Schwimmvögel, Limikolen und Eulen.

Reptilien: In den Jahren 1986 bis 1987 (Nachträge: 1988/1989) hat es eine Umfrage zur Verbreitung der Reptilien in Hessen gegeben (Heimes 1987, 1990). Weitere Kartierungen dieser Gruppe hat es offensichtlich nicht gegeben, abgesehen von lokalen Erfassungen wurde mit der Erfassung der Kreuzotter in Nordhessen begonnen.

Amphibien: Seit der landesweiten Kartierung der Amphibien und der Veröffentlichung der Ergebnisse sind keine weiteren Erfassungen in diesem Ausmaß durchgeführt worden. Es sind lokale Aktivitäten anzuführen (z.B. MAI 1989). Bemerkenswert ist die Laubfrosch - Kartierung im Bereich der Eder und der Schwalm (s.o.; Geske 1997). Eine landesweite Erhebung befindet sich zur Zeit in Vorbereitung.

Fische: Über die Hegepläne und Fangstatistiken ist ein grober Überblick über Bestände und Verbreitung der Fische vorhanden. Lediglich bei den kleineren Arten, die meist nicht in den Statistiken aufgeführt werden, ist der Kenntnisstand nicht ausreichend. Bestandserhebungen der Kleinfische (wie z.B. Mühlkoppe, Schlammpeitzker, Stichling, Neunauge, Elritze u.a.) wären wünschenswert.

Insekten: Außer lokalen Erfassungen ist der Kenntnisstand in den meisten Gruppen unzureichend. Etwas günstiger ist der Stand bei den Schmetterlingen, insbesondere Widderchen und Tagfalter. Hier werden die Daten zentral bei der Arbeitsgemeinschaft Hessischer Lepidopterologen zusammengefaßt. Die AG Heuschrecken versucht z.Zt. die Verbreitung der Heuschrecken durch Literaturrecherchen und durch lokale Erfassungen aufzuarbeiten. Wie wichtig aber Untersuchungen über diese Gruppen sind, zeigen die wenigen Erfassungen über die Totholzfauna (s.o.).

Krebstiere: Bisher wurde nur die Verbreitung der dekapoden Krebse aufgearbeitet. Die meisten anderen Arten sind allenfalls bei lokalen Erfassungen, meist im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen, aufgeführt worden.

Muscheln: Bei den Muscheln ist die Verbreitung relativ gut erforscht, allerdings existieren auch hier Erfassungslücken und einige vorliegende Daten müssen als veraltet gelten. Lediglich die Flußmuscheln (Najaden) sind gut erfaßt worden.

Niedere Pflanzen (Algen, Flechten, Pilze): Die Kenntnis über die Verbreitung und Gefährdung der Arten dieser Pflanzengruppen sind insgesamt sehr mangelhaft. Lediglich wenige lokale Untersuchungen liegen vor.

Farn- und Samenpflanzen: Traditionell ist diese Pflanzengruppe bisher immer gut untersucht worden. Im Rahmen der Erstellung eines Pflanzenatlasses für Hessen wurden hier sowohl Literaturrecherchen als auch Erfassungen durchgeführt. Darüber hinaus existieren viele lokale und spezielle Untersuchungen.


[3] Erwähnenswert sind hier vor allem Abwässer, Gülle (Problem: in der oberen Eder), Düngemittel u.a.
[4] In Nordhessen konnten inzwischen sieben Najaden-Arten nachgewiesen werden, von denen Flußperlmuschel, Bachmuschel, Strommuschel und große Teichmuschel als prioritäre Arten eingestuft werden.
[5] Die Flußperlmuschel hat es wahrscheinlich nie im Fließgewässersystem der Schwalm gegeben (Nagel u. Nesemann 1989).
[6] Die Schwalm ist eines der fünf wichtigsten Wiesenvogelgebiete Hessens.
[7] Beispiele enthält: Landesanstalt für Umweltschutz 1991
[8]Goldrute, Indisches Springkraut und Herkulesstaude wurden manchmal von Imkern als Bienenweide ausgebracht.
[9] Einige nicht heimische Fischarten wurden von seiten der Fischerei in die Gewässer eingesetzt, z.B. Sonnenbarsch, Graskarpfen und Regenbogenforelle. In der Landesfischereiverordnung (LFO) vom 27. Oktober 1992 (GVBl. I S. 612) heißt es: § 6  Besatzmaßnahmen: (1) In Fließgewässern der Forellen- und Äschenregion und in Gewässern mit einem sich selbsterhaltenden Edelkrebsbestand ist der Besatz mit Aalen und Hechten verboten. In Fließgewässern der Forellenregion ist auch der Besatz mit Regenbogenforellen und mit Bachsaiblingen verboten.

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